top of page

Newsletter Update vom 26. November 2025

  • Autorenbild: Christoph Janssen
    Christoph Janssen
  • 26. Nov.
  • 3 Min. Lesezeit

“Home?!”


Es ist schon wieder so vieles geschehen – ich finde kaum die Worte, geschweige denn den nötigen Platz, um die vergangenen Taten, Erfahrungen und Emotionen zusammenzufassen. Ich will es dennoch beginnend mit einem kurzen Rückblick versuchen:


In den mittlerweile mehr als zwei Monaten in Asien lief doch so einiges. Bis anhin bestritt ich bereits 22 Wettkampftage, bestieg 17 verschiedene Flugzeuge, gewann meine erste Rundfahrt, erkämpfte mir das erste UCI Podium und reiste nebst diversen chinesischen Destinationen zuletzt auch nach Thailand.


Dieser anstrengende Alltag hinterliess einige Spuren, weshalb ich in der Woche nach dem letzten Rennen in Yulin körperlich und psychisch völlig im Eimer war.


Trotz anfänglicher Zweifel, da ich befürchtete, meine Form zu verlieren und im Dezember rückwärts zu fahren, verdonnerte mich Jay, mein Coach, zu zehn Tagen Pause. Nichts zu tun ist oft das Schwerste für mich, selbst wenn ich müde bin – vor allem, wenn ich meine Teamkameraden beim trainieren zusehe. Irgendwie fühlt es sich dann stets an, als würde ich den Zug verpassen und in Rückstand geraten.


Trotz des abfahrenden Gefährts hielt ich der Versuchung neun Tage stand – was auch mit besagter Reise nach Thailand zusammenhing. Danach war das Verlangen dann doch zu gross – vor allem wollte ich das neue Land erkunden und sehen, was es mir hier alles zu bieten hatte. Neben einer aussergewöhnlichen Kaffeekultur, unendlich vielen wirklich schönen Tempeln, dem interessanten und vielfältigen Essen sowie der wirklich einzigartigen Gastfreundschaft von Bruno und Sau, bei denen ich mein Lager aufschlagen durfte, hielten sich die erwähnenswerten Erlebnisse leider aber in Grenzen.


Oft war es kaum aushaltbar heiss und feucht, im Strassenverkehr stets laut, gehetzt und sehr schmutzig. In Thailand ist ein stinkender, schwarzrauchender Dieselmotor offenbar noch ein Statussymbol – Katalysatoren und Partikelfilter werden demontiert und von teuren Titan-Direktrohren ersetzt. Was für den Autoliebhaber vielleicht verlockend klingt, wird für mich als Radfahrer aber zur Plage.


Einigermassen Abhilfe schaffen nur die vielen kleinen Nebenstrassen: Hier geht's Zickzack mit einigen Gravel-Passagen und vielen streunenden Hunden zwischen den Feldern hindurch. Strava hilft nur wenig bei der Routenplanung – am besten lief es immer der Nase nach. Alternativ boten Trips in den Nationalpark oder Ausfahrten an die Grenzregionen zu Myanmar Abwechslung – leider überschritten die Distanzen für besagte Routen stets die 160-Kilometer-Marke.


Trotz der sich in Grenzen haltenden Radsporterfahrung habe ich die Zeit genutzt, um die ruhigen Tage zu geniessen und neben dem Training meine Batterien weiter zu laden. Entsprechend motiviert landete ich letzten Freitag wieder „zuhause“ – meinem chinesischen auf jeden Fall.


Schon krass, mittlerweile fühlt es sich echt an, als würde ich nach Hause kommen, wenn ich wieder mal in meinem Bett hier am Fuxian-See in der Provinz Yunann liege und gemeinsam mit Teamkameraden, Betreuern und Personal am Esstisch sitze.


Auch die Wettergötter freuen sich offenbar, mich wiederzusehen – die letzten Tage boten fantastische Trainingsbedingungen. Die oft vom Regen gezeichnete Region, in der die schmutzigen, teils mit Kies bestreuten Strassen zur Rutschbahn werden, verwandelt sich nun in ein wahres Paradies. Die Temperaturen steigen tagsüber zwischen 15 bis 20 Grad, die Fernsicht ist ausgezeichnet und fast immer scheint die Sonne mit ihrem unverkennbaren winterlichen Ton.


Die Natur ist grün, auf den Feldern wird gearbeitet und es finden sich viele kleine, kaum befahrene Strassen, die sich irgendwo durch die endlosen Weiten bahnen. Dabei weiss man nie, was einen erwartet: die eine oder andere unausweichliche Gravel-Passage, einen zehn Kilometer langen Pflastersteinanstieg der der Tremola durchaus die Stirn bietet, einer plötzlich fehlenden Strasse, die vom letzten Erdrutsch weggerissen wurde oder dann doch eine halbe Autobahn nach vielen Kilometern Holperpiste, die irgendwo vom Nichts ins noch absolutere Nichts führt.


Aber genau diese Erkundungen, das Ungewisse, das Abenteuer – das ist meine Welt. Schon oft musste ich schieben, schon oft wieder umdrehen, aber noch öfter habe ich wirklich einmalige Strassen, Orte und Aussichten angetroffen. Die, wie mir scheint, noch von wenigen Radfahrern vor mir gesichtet wurde.


Rückblickend bin ich übrigens überaus froh, dass ich zur Pause verdonnert wurde, denn jetzt fühlt es sich an, als hätte ich erstmals wirklich die Energie, all diese Eindrücke und Erlebnisse, die diese Region zu bieten hat wirklich aufzusaugen.


All dies, während ich spüre, wie das Training wieder Früchte trägt, mein Körper auf die gesetzten Reize reagiert und ich Forwärts komme. Auf jeden fall schaue ich schon jetzt voller Vorfreude auf die anstehenden Wettkämpfe.


In diesem Sinne Gruäss und bis Gly


¨






 
 
 

Kommentare


bottom of page