Newsletter Update vom 18. März 2025
- Christoph Janssen
- 18. März
- 3 Min. Lesezeit
Zwischen Zweifel und Erfolg…
Ich melde mich mit meiner persönlichen Bilanz nach den ersten zwei Renntagen – so offen und ehrlich wie möglich.
Es fällt mir nicht ganz einfach, reflektiert über die letzten zwei Wochen Bilanz zu ziehen. Meine Emotionen lagen irgendwo zwischen Verzweiflung und Euphorie – aber das bin ich mir ja mittlerweile aus dem Profisport bestens gewohnt…
Blicken wir zurück:
Es ist Anfang März, ich bin gerade aus dem Teamtrainingslager in Ligurien zurück in die Schweiz gereist. Die letzten zehn Tage waren hart. Neben unzähligen Stunden auf dem Rad und hochintensiven Team-Trainings war auch der Lageralltag nicht immer einfach. Kochen, Einkaufen, Putzen, Fotoshootings, diverse administrative Aufgaben – und dazu der harte Trainingsalltag mit 4-Tagesblöcken, Hitzetraining und anspruchsvollen Teamintervallen. Die Erholung kam dabei oft zu kurz, was ich leider erst im Nachhinein realisierte…
Wie schon mehrmals beschrieben: Das ist so eine Sache mit der Müdigkeit… Während intensiver Phasen realisiere ich persönlich die Strapazen oft nicht oder nur bedingt. Gerade im Zusammenhang mit der tollen Stimmung im Team und der gegenseitigen Motivation zu Bestleistungen fiel es mir nahezu unmöglich, bereits während des Lagers Massnahmen zu ergreifen und das Training auch mal etwas lockerer anzugehen.
So kam es, dass die kumulierte Erschöpfung erst in der Woche nach dem Trainingslager so richtig in die Knochen schlug. Neben den bekannten Symptomen wie schlechter Stimmung und einem konstanten Hungergefühl liess auch die Leistung auf dem Rad zu wünschen übrig. Nichtsdestotrotz war die Vorfreude riesig: Nach vier Monaten Vorbereitung sollte jetzt endlich die Saison starten – und das erst recht in Belgien auf einer meinen Stärken entsprechenden Strecke.
Ich versuchte also bestmöglich, meine Zweifel und Ängste auszublenden, um mit einem positiven Mindset am Sonntag ins Rennen zu starten. Das gelang mir auch erstaunlich gut, und ich fühlte mich bis ins Finale sehr gut. Doch dann kam ein technischer Defekt am Fahrrad – und der liess nicht nur meine guten Beine, sondern noch schlimmer mein Mindset kippen. Plötzlich waren die Zweifel wieder da, die negativen Gedanken machten sich breit, und ich musste schlecht positioniert 30 km vor dem Ziel das Feld ziehen lassen.
Trotzdem erreichte ich das Ziel euphorisch und guten Mutes.
Die Fans, die Stimmung, die Hektik im Rennen, das Feuer, mein Team und mich auf UCI Niveau zu präsentieren – all das hatte ich sehr vermisst, und ich war richtig froh, wieder im Zirkus angekommen zu sein. Erst im Nachhinein, als ich reflektiert über das Rennen nachdachte, war ich frustriert, nicht mein ganzes Potenzial gezeigt zu haben. Ich wusste, ich konnte mehr und war stärker, konnte es aber in dem Moment nicht abrufen – und das beschäftigt mich sehr.
Entsprechend hoch waren die Erwartungen am vergangenen Wochenende im Tessin.
Die Ansage vom Team war klar: „Wir fahren auf Sieg!“ Auch meine persönlichen Erwartungen waren mindestens genauso hoch. Ich wollte mir selbst beweisen, wozu ich imstande bin – wollte an das gute Gefühl vom Januar anknüpfen, dachte an die gepurzelten Leistungsrekorde, die Zeit im Höhenzelt und das Teamcamp in Ligurien – und wollte die Früchte dieser Arbeit ernten.
Ich bin jetzt immer noch im Zweifel, ob mir das am Sonntag gelungen ist oder nicht. Ich fuhr sicher ein aktives Rennen, und Zuschauer könnten argumentieren, dass ich zu aktiv gefahren bin. Aus den oben genannten Beweggründen wollte ich mich zeigen, meine Stärke beweisen – und verschwendete wie doch schon öfters vorgekommen unendlich viel Energie. Grundsätzlich konnte ich am Sonntag sicher eine solide persönliche Leistung abrufen, aber wie schon in der vergangenen Woche plagt mich das Gefühl, nicht mein ganzes Potenzial gezeigt zu haben. Und noch viel mehr beschäftigt mich, die Gründe dieser blokade nicht zu kennen.
Neben meiner persönlichen Leistung möchte ich aber trotzdem die Teamleistung hervorheben.
Denn die gibt mir ungeheuren Mut, und ich bin stolz darauf, trotz aller Zweifel meinen Beitrag zum Erfolg geleistet zu haben. Mit Andrin Züger auf Platz 2 und Nils Brun auf Platz 4 konnten wir direkt zwei Fahrer in den Top 5 des starken Fahrerfelds platzieren. Zudem war unser Team in jeder Rennsituation involviert, und es gelang uns, die vorab besprochenen Taktiken im Rennen gezielt umzusetzen.
Entsprechend freue ich mich auch auf das kommende Wochenende in Slowenien, wo wir ein weiteres UCI-Rennen bestreiten werden. Denn auch wenn ich persönlich noch nicht mit fliegenden Beinen in die Saison 2025 gestartet bin, lässt sich mit vereinten Kräften und taktischer Überlegenheit doch sehr vieles erreichen – und ich bin richtig stolz, teil der MyVelo Mannschaft zu sein und auch in den kommenden Rennen gemeinsam ganz Vorne mitzumischen.
In diesem Sinne:
Gruss und bis gly


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